Schon einige Male ist es mir passiert, dass ich gefragt wurde, warum ich mich für das Hebammenstudium entschieden habe, anstatt eine Ausbildung zu machen. Die Frage ist berechtigt und ich wäre genau so neugierig;)

Sicher fragen sich einige, warum das Hebammenstudium eingeführt wurde und die Ausbildung nicht mehr fortgeführt wird. Wenn man sich international ansieht, wie Hebammen ausgebildet werden, muss man einfach sagen: Deutschland ist da inzwischen schon länger aus der Reihe gefallen, Hebammen sind weltweit meistens akademisch ausgebildet. Und dies hat viele Vorteile, insbesondere für die Familien, die von Hebammen betreut werden. Denn durch die Akademisierung der Hebammen wird die PHYSIOLOGIE erforscht. Während die Medizin meistens erforscht, wie Pathologien entstehen und wie man diese behandelt, ist es enorm wichtig, auch zu ergründen, wie man verhindert, dass es zu Pathologien kommt. Und davon profitieren insbesondere die Familien, da Hebammen die Physiologie schützen und darin immer mehr Wissen erbauen.

Wie kam ich persönlich zu der Entscheidung, zu studieren?

Die ernüchternde Antwort: Ich habe durch die Zulassung nach NC an der Hochschule für Gesundheit einen Platz im Studium der Hebammenkunde bekommen. Dort bekam ich die erste Zusage und dem blieb ich sofort treu, da mich die Uni total angesprochen hatte. Zudem erkannte ich in den Film „Die sichere Geburt“ die leitende Professorin Frau Dr. Schäfers, dort wollte ich gerne lernen, die Grundhaltung, wie man Familien betrachtet gefiel mir sehr gut.

Es hatte also herzlich wenig damit zu tun, dass ich die Erwartung hatte, eine bessere Hebamme zu sein, als in der Ausbildung (ob dieses Gerücht stimmt, steht weiter unten im Text).

Ich hatte also den Platz bekommen und fing sofort an den Modulplan und die Rahmenbedingungen zu vergleichen.

Wichtig: In diesem Studium hatten wir so, wie an den Schulen 3200 Praxisstunden. Auch im Kreißsaal genau so viele Stunden wie in der Ausbildung.

Der Hauptunterschied, den man im Modulplan erkennt sind die wissenschaftlichen Fächer, also Statistik, Forschungsmethoden, etc. Man lernt ab dem ersten Semester, wie man Studien bewertet und für die Hebammenarbeit nutzt. Auch wie man Schwachstellen erkennt und die Qualität von Studien einschätzt.

Aber: DIESE THEMEN HAT MAN ZUSÄTZLICH ZU ALLEN ANDEREN THEMEN, die auch in der Ausbildung früher vorkamen.

Schmerzlichster Hauptunterschied für mich: Wir Studentinnen bekamen die gesamte Zeit trotz Dreischichtsystem und Vollzeit – Praxiseinsätzen kein Gehalt. Mein Studium umfasste noch 8 1/2 Semester und war unbezahlt. Auch der Urlaub war wesentlich knapper, da es keine Ausbildungsverträge gab.

Und jede einzelne Stunde, die man fehlte, musste in der kaum vorhandenen Freizeit nachgeholt werden.

Wegen dem nicht vorhandenen Grundgehalt mussten wir alle neben dem Vollzeitstudium noch Nebenjobs nachgehen.

Ich bin sehr froh, den Umgang mit Evidenzen gelernt zu haben. Aber mal ehrlich: Erfahrung kann man nicht studieren.

Ich habe die Möglichkeit zu forschen (was ich auch tue), und schreibe selber wissenschaftliche Texte.

Ist dies nun für die Eltern ein Unterschied? Ich würde sagen, nur dann, wenn ich tatsächlich an einem Punkt stehe, wo ich nach der Aussage von Studien befragt werde. Und in dem Bereich haben sich die meisten Hebammen, die nicht studiert haben sehr gut eingearbeitet, unter anderem durch Fortbildungen aber auch zum Beispiel durch das nachqualifizierende Studium.

Eltern müssen sich hier in der Region also keine Gedanken darüber machen, ob eine Hebamme sie betreut, die studiert hat oder die Ausbildung absolviert hat.

Was gilt vor allem bei der Wahl einer Hebamme: Bitte geht nach eurem Bauchgefühl, denn die Chemie muss neben dem Fachwissen stimmen. Insbesondere die Schwangeren bzw. frisch gebackenen Mütter treffen ihre Hebamme sehr oft, wenn man sich dann nicht wohl fühlt, bringt die glänzendste Ausbildung nichts.